Ich bin bestohlen worden – das Schlauchboot und der neue Motor sind von Dieben gestohlen worden. Gerade das Schlauchboot ist für einen Segler unersetzlich. Ohne es lebt er auf seinem Schiff auf einer einsamen Insel, da er nicht mehr an Land kommt kann er weder am sozialen Leben teilnehmen noch kann er seine Vorräte aufstocken oder die Länder bereisen in denen er sich gerade aufhält. Von da her ist das stehlen eines Schlauchbootes eine schwerwiegende Straftat. Vielleicht vergleichbar mit dem Stehlen eines Rollstuhls von einem Rollstuhlfahrer.
Gerade hier auf den Kap Verden dauert es ca. 4 Wochen bis ein neues Schlauchboot ankommt, da man so was nicht mal eben kaufen kann. Letztendlich hatte ich im Pech auch wieder etwas Glück, und das kam so…!
Nachdem Marjon von Mindelo abgereist war musste ich 140 Meilen gegen den Wind nach Boa Vista segeln, um dort Birgit und ihre Freundinnen abzuholen. Die ersten 40 Meilen waren noch okay, da ich in Tarafal auf Sao Nicolao 2 Tage Pause einlegte. Ich liebe diese Insel mit ihren sehr freundlichen Menschen. Von Tarafal aus kreuzte ich in 28 Stunden gegen Wind, Wellen und Strömung nach Boa Vista. Dies war nicht besonders spaßig, Skipper und Schiff wurden bei 20 bis 25 Knoten Wind ordentlich mit Salzwasser geduscht und durchgeschüttelt.
In Sal Rei kaufte ich den 6 PS Außenborder von meinem englischen Freund Ian. Ohne den neuen Außenborder hätte ich unmöglich die 3 Frauen sicher auf die Tara bringen können, da der Nordostpassat ordentlich in Boa Vista bläst.
Von Sal Rei segelten wir zurück nach Sao Nicolao, wo wir mit Ian und Linda Weihnachten feiern wollten. Die Tage gingen besinnlich über die Bühne und am 26. fuhren wir mit unserem Dinghi an Land um Einkäufe zu erledigen. Beim Anlanden kommen immer Kinder oder Jugendliche, die sich gerne mit dem aufpassen auf das Dinghi etwas Geld verdienen wollen.
Gegen Abend kam Lukas, unser Aufpasser zum Restaurant in dem wir saßen und sagte, dass er gerne nach Hause gehen wollte. Wir bezahlten ihn für seine Dienstleistung und wollten alsbald zum Dinghi gehen um zur Tara zurückzukehren.
Ian und Linda gingen vor, kamen aber schnell zurück, da sie meinten das mein Dinghi weg sei. Fassungslos stand ich an der Kaimauer und schaute ins leere. Das konnte doch nicht war sein. Hat vielleicht ein anderer Segler sich kurz mein Dinghi ausgeliehen und kommt gleich zurück oder hat sich ein Fischer des Dinghis angenommen um eben was von seinem Schiff zu holen oder hat jemand es losgemacht und anschließend fahrlässig vertäut und es treibt aufs Meer? Viele Fragen schossen durch meinen Kopf, da ich nicht glauben wollte das es gestohlen sein könnte. Nicht auf meiner Lieblingsinsel und nicht von diesen netten ehrlichen Menschen. Ich fing noch in der Nacht an zu suchen, doch die Suche war erfolglos. Auch die Polizei war nicht hilfreich, die stand nur sprachlos dumm herum.
Nach einer schlaflosen Nacht war ich wieder früh unterwegs um nach dem Dinghi zu suchen. Ian und Linda stellten mir ihr Schlauchboot zur Verfügung und auch sie waren geschockt.
Am Fischerhafen traf ich auf Cypriean, einen alten Fischer und er fragte mich ob ich was suche. Ich erzählte ihm vom verschwinden meines Tenders und des Motors. Er sagte, ich solle ihn folgen, da er meinte was in den Felsen nahe des Hafens gesehen zu haben. Wir liefen auf das Hafengelände, als wir 2 Fischer sahen wie sie das Dinghi aus den Felsen holten. Von weitem konnte ich sehen das der Motor verschwunden war, doch das Dinghi und die Paddel waren da. Cypriean rief den anderen Fischern zu, das sie das Dinghi in den Hafen bringen sollen, was sie dann auch sofort machten, indem sie es ins Schlepptau nahmen.
Ich war heilfroh, dass unbeschädigte Dinghi wiederbekommen zu haben. Ein Paddel musste ich reparieren, doch meine Seele war noch verwundet. Cypriean, ging mit mir zur Polizei und erklärte den müden Jungs noch mal den Sachverhalt. Cypriean, wie auch Bertrand und Kennedy, die beiden Fischer die das Dinghi zurückbrachten, waren sich sicher das niemand von der Insel so etwas machen würde. Es müssen Fremde von einer anderen Insel gewesen sein und auch ich glaube ihnen. Ich war jetzt schon 3 mal auf dieser Insel und die Menschen sind einfach grundehrlich und zurückhaltend und da möchte ich nicht glauben das es in diesem Dorf einen Räuber gibt. Selbst die Prospekte von Sao Nicolao kündigen an das Kriminalität auf Sao Nicolao nicht bekannt ist.
Das Dinghi ist wieder da, das ist das wichtigste. Den Motor habe ich teuer bezahlt, doch noch viel schwerwiegender ist, das Tarafal seine Unschuld verloren hat. Die Menschen, die arm aber stolz auf ihre Insel sind sind sichtlich geschockt. Ich wollte für das zurückbringen des Schlauchbootes bezahlen, doch Cypriean betonte mehrfach und ausdrücklich, dass ich nichts bezahlen darf, denn ich hätte den Verlust und Tarafal sei mir was schuldig!