Atlantiküberquerung 2. Teil

Nach dem Kanal wurde es erwartungsgemäß ruhiger und mit zunehmender Tiefe wurde der Seegang auch runder, länger und weicher, doch die Geschwindigkeit blieb weiter hoch. Die schönen Kap Verden mit ihren freundlichen Menschen verschwanden bald im Kielwasser und im Dunst des Wüstenwindes, der über Wochen ein Kleid aus brauner Schmiere auf meinem einst weißem Schiff hinterlassen hatte.

1600 Meilen lagen vor dem Bug der Tara. 1600 Meilen neuer Erfahrung vor mir. Noch nie war ich so lange alleine unterwegs. Wie werde ich mit dem Alleinsein umgehen? Wird das Material halten? Wie komme ich durch die Doldrums, die windstillen Gebiete? Wie werde ich nachts die Squalls erleben und aussegeln? Neugierde trieb mich voran und ich war mit mir im reinen. Moitessier, der große Segelphilosoph schrieb einst: “Der kürzeste Weg zu sich selbst ist der einer Weltumseglung!“

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Doch mit dem Alleinsein dauerte es nicht lange. Am Nachmittag gesellte sich ein schöner weißer Küstenbewohner zu mir. Er hatte sich offensichtlich zu weit von der Küste entfernt und fand nicht mehr zurück. Offensichtlich war er erschöpft. Ich willigte ein, dass er bis Brasilien bleiben könnte, doch dann müsste er sich an mein Essen gewöhnen.

Ich versuchte es mit Thunfisch aus der Dose, gekochten Schinken fein gehackt, Brot, Bananen, Äpfeln und Mandarinen, sowie Sonnenblumenkerne und Müsli, doch er war einseitige Ernährung und das Zusammenlesen dieser am Strand gewohnt. Vor Jacare in Brasilien konnte ich ihn dieses aber nicht bieten und konnte nur hoffe, dass sich eine Lösung finden würde.

Schnell hat sich mein gefiederter Freund einen Namen selbst erworben. „Scheißerle“ war der passende Namen, denn ich konnte 20 mal am Tag seine Hinterlassenschaften im Cockpit entfernen. Ich hatte ihm freiwillig das Feld überlassen, soviel Gastfreundschaft musste sein, doch das ich nun zu seiner persönlichen Putzfrau degradiert wurde nervte bald.

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Nach einem Tag kam Scheißerle ständig in die Kabine geflogen, saß mal auf den Polstern oder dem Navitisch und erschreckte mich, wenn ich gerad aus dem Schlaf erwachte. Dann spielten wir fangen, denn ich hatte keine Lust auf seine Sauereien. Die ersten 3 bis 4 mal fand er es noch okay immer wieder an die Luft gesetzt zu werden, doch dann versuchte er sein Bleiberecht mit Beißen durchsetzen zu wollen. Als Autorität an Bord konnte ich das natürlich nicht gutheißen, setzte ihn wieder an die Lust und scheuchte ihn dann zu einer fliegenden Ehrenrunde ums Boot und erklärte lauthals, das ich der Skipper bin und das man diesen nicht beißt. Er machte einen beleidigten Eindruck, doch insgeheim hoffte ich das er mir verzeihen würde.

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