Deutschland bereitet sich auf den kommenden Orkan Xaver vor, alle Hilfskräfte sind in Alarmbereitschaft und harren der Dinge die dort auf uns zukommen.
Die Philippinen hatten bereits den schwersten Taifun aller Zeiten hinter sich. 700000 Menschen sind dort betroffen, die Armen trifft es wieder am schlimmsten. Die Bilder erinnern mich immer an meine Zeit auf den Philippinen. Von 1988 bis 1992 lebte ich dort als Fischermann und war einer von ihnen. Neue Erfahrungen wollte ich machen und unterbrach meine Weltreise dort, um nicht immer als Tourist von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten zu wandern, sondern um zu sehen wie die Menschen lebten und was sie für Probleme hatten.
Taifune waren immer von Juni bis Dezember zu erwarten. Dann dreht der sogenannte Amihan (Nordwestpassat) und wird zum Hapakat (Südostpassat). Im ganzen Gebiet der Philippinen gab es in dieser Zeit zwischen 20 und 30 dieser Wirbelstürme. Die meisten ziehen relativ glimpflich über See weiter nach Vietnam, China oder Japan. Doch manche sind bösartig wie Hayan.
Am 19. November 1989 zog ein Taifun über Negros. Ich wohnte in Old Sagay, im Norden von Negros. Die Schiffe waren einfach ausgerüstet und dienten nur der Fischerei. Meine 17 m große Samana (Der Pilger oder Wanderer) war ohne mich auf See. Normalerweise war ich mit meiner 12-köpfigen Mannschaft immer draußen. In der Amihanzeit waren wir bis zu 3 Tagen auf See und in der Taifunzeit meistens nur auf Tagestouren unterwegs. Die Entscheidung traf mein Kapitän Toni selber.
(Samana bei der Schiffstaufe)
Ich hatte was in Bacolod zu erledigen. Als ich abends nach Old Sagay zurück kam blies der Wind schon stürmisch und ich machte mir direkt sorgen um Besatzung und Schiff. Ich fragte meinen Freund Ferdi ob er was gesehen hatte, da er mit dem Fernglas den Horizont beobachtete. Samana war nicht zu sehen und nur wenige Schiffe brachten sich im Fluss in Sicherheit. Die Nacht brach schnell herein und ich versuchte mich damit zu beruhigen, dass Toni Crew und Boot vielleicht im Hafen von Cadiz oder hinter einer der vielen Inseln in Sicherheit gebracht hat.
Der Sturm hatte sich zum Taifun entwickelt und mit dem Morgengrauen stand ich auf meiner Terrasse und schaute suchten aufs Meer hinaus. Die See war grob, kurz und steil, da das Wasser in der Visayan-See relativ flach ist, vergleichbar mit der Nordsee. Wenn sie es nicht geschafft hatten sich zu retten, dann konnten sie nicht mehr am Leben sein, schoss es mir durch den Kopf. Grausige Vorstellungen marterten mein Gehirn. Der Wind heulte wild und bog die Palmen und deren Palmwedel. Beschädigte und alte, vertrocknete Palmwedel flogen durch die Gegend. Unter den Kokospalmen durchzulaufen war nun lebensgefährlich. Die reifen Nüsse stürzten krachend zu Boden und waren bereit alles zu erschlagen was sich ihnen in den Weg stellte.
Gegen Mittag zeichneten sich Silhouetten von Schiffen am Horizont ab. Es waren drei Schiffe und Ferdi erkannte zuerst Samana, die stolz vor den anderen Schiffen herfuhr. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Langsam näherten sie sich der Küste und nahmen Kurs auf die Flußeinfahrt. Eine Untiefenbarre lag vor der Einfahrt und die Wellen brachen wild schäumend, steil und gefährlich. Diese war noch zu meistern, doch ich hatte Vertrauen zu Toni, der das Meer gut kannte.
Ich verlor Samana außer Sicht und wollte gerade mit Ferdi zum Ankerplatz im Fluss fahren, um Toni und die Crew im Empfang zu nehmen, als plötzlich Margie schrie, da ist die Fahne von Samana. Meine rot-goldene Fahne trieb plötzlich an der Küste entlang, Verdammt, das konnte doch nicht sein, was war da passiert? Ich rannte zum Strand und erschrak als ich mein Schiff kopfüber in der Brandung sah, sie trieb unaufhaltsam auf dem Strand zu und war nicht mehr zu retten. Bald wird sie krachend auf den harten Sandboden schlagen und in ihre Einzelteile zerlegt werden.
Ihr konnte ich nicht helfen und so rannte ich weiter Richtung Flussmündung und suchte nach meinen Männern. Plötzlich sah ich sie und rannte zu ihnen. Sie saßen erschöpft am Boden oder auf Fischkisten, woran sie sich treibend vorher festgeklammert hatten. Ich fragte Toni sofort ob alle Männer da waren, bereit mich als Taucher und Langstreckenschwimmer (Wettkämpfe bis 8 km) in die Fluten zu stürzen. Toni beruhigte mich, alle waren da, nur einer hatte als Nichtschwimmer etwas Wasser geschluckt, kleine Blessuren bei den anderen sollten schnell verheilen. Keine Tote, das war das Wichtigste, dies hätte mich mein ganzes Leben verfolgt. Alles andere war ersetzbar, nur meine tapferen Jungs nicht.
Zwei Tage musste ich zuschauen wie meine Samana und damit mein ganzes Kapital in der Brandung am Strand zerlegt wurde. Trotz der Gefahr tauchte ich im Wrack um die teuren Seile und das Netz zu retten. Die Strandplünderer hatten sich schon über treibende Teile hergemacht und ließen sich die Teile von mir hinterher wieder abkaufen, als Aufwandsentschädigung dafür, dass sie sie gerettet hatten. Meinen 80 PS Motor fand ich Tage später in 4 m Wassertiefe und ließ ihn von einem Wasserbüffel aus dem Meer ziehen.
Toni beschrieb die Kenterung so: Bei der Ansteuerung erwischte sie eine besonders hohe Welle am Heck und ließ sie querschlagen. Dabei brachen die Ausleger an der Backbordseite, die das Boot stabilisieren und Samana kenterte durch. Durch das Fischereigeschirr gehalten trieb Samana nicht zum Strand, erst als bei einer Grundberührung der Arbeitsmast brach und sank, trieb Samana zum Strand und fand dort ihr jähes Ende und damit auch meine Zeit als Fischermann auf den Philippinen.