Nordirland

Als ich morgens um 4 Uhr im kleinen Hafen von Portrush angekommen bin erschrak ich erst einmal, da mir sofort ca. 10 Gebots-und Verbotsschilder auffielen. Ich fragte mich was ich in so einem Land mache und hatte Lust wieder in See zu stechen. Das war ich einfach nicht gewohnt von Norwegen und Island. Es war für mich ungewohnt warm und ich gönnte mir zu früher Morgenstund ein Anlegerbier und lief schwankenden Schrittes am Kai entlang. In einem Auto saßen ein paar Jugendliche, die etwas riefen und ich fühlte mich gleich angemacht. Auf dem Weg zurück kam mir noch eine Gruppe von 6 Männern entgegen die angetrunken mit einer Dose Fußball spielten.

Froh wieder in meinem Zuhause zu sein ging ich gefrustet in die Koje. Worauf hatte ich mich da eingelassen?

Um 11 Uhr wurde ich wach und wunderte mich, dass mein Schiff nicht mehr an derselben Stelle lag wo ich sie in der Nacht festgemacht hatte. Man hatte mich einfach weiter nach hinten an dem Steg geschoben, wo vorher eine andere Yacht lag. Als der Hafenmeister mich sah, begrüßte er mich mit Handschlag und stellte sich als Robert vor. Freundlich lächelnd erklärte er, dass man mich vorsichtig verlegt hatte und das, wenn ich irgendeine Hilfe bräuchte man gerne für mich da sei. Das hatte ich so nicht erwartet und sprach ihn gleich auf die ganzen Schilder an, worauf er achselzuckend erklärte, das man ein kleiner Hafen sei und trotzdem internationalen Regeln der Beschilderung unterlag. Er meinte dann, dass ich mir daraus nichts machen sollte, es wäre ein friedlicher und freundlicher Ort. Ich entschuldigte mich, dass ich noch keine Gastlandflagge unter der Saling wehen hatte, worauf er entgegnete das wäre prima so, denn es könnten sich Leute in Nordirland provoziert fühlen, wenn ich die Britische Flagge setzten würde und man auf solche Höflichkeiten daher keinen Wert legen würde.

Nachdem ich ihm dann auch noch mein Ruderproblem geschildert hatte erklärte er, dass man da sicher eine Lösung finden würde.

Etwas später kam Charlie vorbei, ein ehemaliger Rival 34 Besitzer, dessen neues Schiff im Hafen lag und der auf der anderen Hafenseite wohnte. Er studierte mit mir den Ruderanlagenplan und erklärte, dass er sich erkundigen wird wie er mir helfen könnte. Er verbrachte dann lange Zeit im Internet und kontaktierte Lewmar in England und tauschte Emails mit ihnen aus. Er empfahl mir das Boot nach Coleraine zu verlegen, da dort ein Mechaniker sei. Das wollte ich mir aber erst einmal anschauen, bevor ich entscheiden wollte wo ich die Reparatur ausführen lassen wollte.

Charlie installierte ich das Seekartenprogramm von mir, worauf er mich zum Guinness einlud. In der Harbour Bar ging es auf kleiner Fläche hoch her. 30 bis 40 Leute tranken ihr Bier in einer rustikalen Atmosphäre. Nach kurzer Zeit gesellte sich seine Frau dazu und fragte dann, ob wir nicht zum Tee gehen sollten. Ich dachte das wäre eine Einladung in ihr Haus. Als Charlie dann noch meinte ich solle das Bierglas mitnehmen verstand ich gar nichts mehr. Das Bierglas einfach mitnehmen und dann später vielleicht gespült zurückbringen? Wir verließen die Kneipe und es ging 2 Türen weiter in ein Restaurant mit dem Bierglas in der Hand. Komische Sitten dachte ich, doch Charlie erklärte, das dem Eigentümer die nächsten 5 Kneipen und Restaurants gehörten und das man alles von einem Laden in den anderen mitnehmen konnte und das zum Tee gehen heißt, dass man in ein Restaurant ging zum Essen. Auch dieser Laden war voll besetzt und jeder schien jeden zu kennen. Kinder tollten zwischen allen Tischen umher und genossen die Aufmerksamkeit.

Später kam noch der Sohn zum Essen dazu, der nun zum Studieren nach Liverpool gehen soll, was wohl ein Haufen Geld kosten würde. Es wurde ein super schöner Abend, doch er war noch nicht zu Ende. Als ich zum Schiff kam lud ich noch meine Bootsnachbarn ein, die mit ihrer 2 jährigen Tochter unterwegs waren und das nächste Baby schlummerte noch im Mutterbauch.

Lebenszeichen!!!

Liebe Freunde, hier eine Kurzmeldung aus Irland, wo man nicht mal schnell ins Internet kommt.

Nach wiedermal 6 Tage und 18 Stunden (wie bei der Überfahrt von Norwegen nach Island) und gesegelten 814 Seemailen (Durchschnitt 5,02 sm/Std.) bin ich in Portrush, Irland angekommen. Nach  eine unerwartete stürmische Überfahrt, mit zuerst fast 3 Sturmtagen mit 7-9 Beaufort und Wellen zwischen 4 und 7 Metern, in einer durch die starken Strömungen sehr  groben See mit ständigen Böen und am vorletzten Tag noch mal  8 bft auf die Nase, erreichte ich morgens um 4 Uhr den sicheren Hafen.2013-08-24 001 204 (1280x810)

200 Meilen vor der Küste bekam die Tara einen Ruderschaden, so dass das Notruder die Steuerung übernehmen musste und ich die Windsteueranlage umbauen mußte. Den letzten Sturm wetterte ich beigedreht über Nacht ab, bis ich am frühen Morgen dank einer Winddrehung die Reise fortsetzten konnte.

Morgens um 4 lief ich den Hafen von Portrush an. Zur Zeit arbeite ich an meinem Ruderschaden mit einem Mechaniker. Ich hoffe, wir kriegen das wieder hin, damit ich endlich mein Schiff wieder bewohnbar machen und meine Reise fortsetzen kann.

Abschied aus einem wunderbaren Land!!!

Es heißt Abschied nehmen von Island. Island ist wirklich schön, auch wenn hier das Wetter sehr anstrengend sein kann. Mal Regen, dann Sturm, Flaute und viel Nebel. Die Menschen sind sehr nett und hilfsbereit, immer freundlich, offen und ehrlich.

Island hatte noch nie so einen kalten und feuchten Sommer, zumindest auf der Südseite. Ich fand es aber alle male okay, dank der spektakulären Natur und der Menschen. Sie sind warm im Herzen.

2013-08-12 001 231 (1280x851)

Gestern sind Birgit und Gabi abgereist und morgen geht es für mich weiter nach Irland. Es regnet seit gestern und heute habe ich alles fertig gemacht. Kleine Reparaturen, Diesel und Wasser aufgefüllt, Essen eingekauft. 800 Meilen liegen vor mir und der Wind scheint günstig zu sein. Relativ schwach, doch aus einer günstigen Richtung. Am 4 oder 5 Tag werde ich starken Gegenwind bekommen, doch sobald das Tief durch ist soll er mich wieder günstig und stärker nach Irland blasen.

Ich hoffe, dass ich noch etwas irischen Spätsommer mitbekomme. Warme Tage wären auch mal nett. Ich hatte wohl noch nie so ein kaltes Jahr im Durchschnitt, doch es werden wohl auch Zeiten kommen, da werde ich mich danach sehnen.

2013-08-05 001 171 (1280x859)

Ich werde mich wieder melden wenn ich auf der anderen Seite angekommen bin und ich hoffe, dann auch wieder mehr schreiben zu können. Vielleicht habe ich ja unterwegs mehr Zeit dazu.

Bis in ca. 8 Tagen. Alles Liebe und Gute!

“Falado von Rhodos” gesunken!

Für viele ist es nur eine Randnotiz oder wird es erst gar nicht wahrgenommen, doch wenn man das Schiff gerade getroffen hat und man auch nur einen kurzen Kontakt mit den jungen Gästen an Bord hatte, dann ist man geschockt, wenn man am übernächsten Tag erfährt das die Brigantine Falado von Rhodos gesunken ist.

Wir liefen von den Nordwestfjorden kommend in Olafsvik ein, einen kleinen Fischerdorf im Breidafjord, als uns sofort die Brigantine auffiel. Die deutsche Flagge wehte am Mast und der rote Rumpf leuchtete freundlich in der Sonne. Wir passierten das Schiff ganz knapp am Heck, da wir direkt dahinter festmachen wollten. An Bord wurde Gitarre gespielt und gesungen. Kinder und Jugendliche im Einklang mit ihren Betreuern.

Nach dem Anlegen sprach Gabi kurz mit einem Mädchen und später noch mal mit einem Jungen, der sich auf das baldige Auslaufen freute, da sie in einem Fjord fischen wollten. Gabi war ganz angetan. Das Wetter war nicht gut angesagt für die nächsten Tage, doch für einen erfahrenen Skipper und seine Crew sollte das kein Problem sein und man konnte davon ausgehen, dass sie sich einen geschützten Hafen suchen werden.

Das Schiff lief dann von uns unbemerkt aus. Am nächsten Tag kam starker Wind auf und es wurde für uns immer ungemütlicher an der mit Autoreifen abgefenderten Hafenmauer. Der Tidenhub von fast 3 Meter und der starke Schwell im Hafenbecken sorgten für eine schlaflose Nacht. 8 Fender und 3 Fenderbretter konnten nicht vermeiden, dass der Rumpf immer wieder bei einzelnen Böen gegen die schwarzen Reifen schlug. Bei Niedrigwasser schlug das Oberwant immer wieder durch die Schräglage gegen die 4 Meter über uns liegende Kante der Mauer.2013-08-12 001 031 (1280x857)

Am nächsten Morgen verlegten wir die Tara auf die andere Seite des Hafens und gingen auf eine Tour. Als wir erzählten, dass wir Segler seinen erklärte unser Führer das in der Nacht ein Segelschiff gesunken sei, aber wohl alle Menschen an Bord gerettet seinen. Mehr wusste er auch nicht, doch bei uns fing schon das grübeln an.

Im Hafen lief uns der Hafenmeister über dem Weg, den wir nach Neuigkeiten fragten. Er bestätigte dann unsere Befürchtung, dass es sich um die Falado von Rhodos handelte, doch das alle gerettet wurden. Das Schiff machte in der Nacht viel Wasser bei bis 12 m Wellengang. Ein Rettungsschiff bergte Gäste und Besatzung. Beim Abschleppen musste dann die Brigantine gesunken sein.

Wir zogen uns auf die Tara zurück und bedrückt machten wir uns unsere Gedanken. Gabi dachte an das kleine Mädchen in Strumpfhosen und Kleidchen, was sicherlich große Angst hatte, als sie in der Nacht mit den anderen, in der Kälte das Schiff verlassen mussten und vielleicht auch  ihren geliebten Teddy zurück lassen musste.

Wiedersehen mit Birgit und Gabi!

Entspannt ging ich den zweiten Tag in Dalvik an, obwohl einiges auf meiner to-do-Liste stand, doch ich musste selber erst einmal ankommen. Ich las ja gerade den 1000-Seitenschmöker „Der Schwarm“ von Frank Schätzing, der mich begeisterte. Vor meiner Abfahrt aus Norwegen fing ich damit an und auch während der Überfahrt las ich darin. Einige warnten mich, dass man so etwas nicht vor einem großen Törn lesen sollte. Wale griffen Schiffe an, las ich darin und als ich kurz vor Island meinte ein Blas von einem Wal zu sehen, rief ich „ Lucy, ich bin ein Freund“, in der Hoffnung das mich der verrückte Grauwal nicht angriff.

Das tat er natürlich auch nicht und im sicheren Hafen, wo das Meer so friedlich erscheint holte ich das Buch wieder heraus und versank darin mit einer Tasse Milchkaffee in der Hand. Und so verging der Tag entspannt und war wieder so einer wo man sich hinterher fragt „Was hast du eigentlich heute gemacht!“

Der nächste Morgen sollte stressiger werden, denn ich musste das Schiff aufräumen, die Kojen mussten mit frischer Wäsche bezogen werden, die Pantry und das Bad auf Hochglanz poliert und das Cockpit gereinigt werden. Birgit hatte mich nachts um 1 Uhr angerufen und erklärt, dass sie sicher gelandet wären und sie mit dem Bus von Reykjavik nach Akureyri fahren wollten, wo sie mittags um 1430 Uhr ankämen.

Um 10 Uhr nahm ich den Bus nach Akureyri, der zweitgrößten Stadt Islands. Der Bus hielt direkt am Hafen, wo die Queen Elisabeth mit ihren gigantischen Ausmaßen lag. Neben ihr wirkten die Häuser wie Spielzeugbauten.

2013-07-24 001 125 (1280x839)

Ich ging durch die quirlige Einkaufstraße und machte mich gleich danach auf die Suche nach dem Botanischen Garten, der mir sehr empfohlen wurde und landete erst einmal auf dem hochgelegenen Friedhof von Akureyri. Gartentechnisch nicht so anspruchsvoll und doch ist es immer wieder interessant wie in anderen Ländern den Menschen gedacht wird. Einfache Metallkreuze zeugten von Schlichtheit und kleine isländische Flaggen vom stolz.

Das ich über dem Parkplatz vom Krankenhaus gehen musste um zum Botanischen Garten zu kommen ließ mich etwas ungläubig schauen, doch noch unglaublicher fand ich dann den Botanischen Garten, den ich in seiner Pracht und Vielfalt so nicht erwartet hatte.

2013-07-24 001 129 (1280x859)

Ich setzte mich auf einer Bank und beobachtete die Menschen. Die einen fotografierten, andere lagen auf der Wiese und andere saßen essend auf der Bank während die Kinder um den Springbrunnen spielten und mit dem Wasser planschten. So vergaß ich die Zeit, so dass es auch noch eng mit der Pünktlichkeit wurde. Ich beeilte mich zum Busbahnhof zu kommen, doch Birgit und Gabi waren nicht dort, da ihr Bus vor deren Busgesellschaft anhielt. Akureyri war nicht so groß, das man nicht innerhalb weniger Minuten den Ort finden sollte, also hielt ich mit etwas Verspätung Birgit und Gabi im Arm, die dann begeistert von ihrer anstrengenden Anreise erzählten, aber auch von ihrer großen Vorfreude auf Island.