Eine Zeit lang hörte ich mir das an, dann nahm ich die Segel weg und startete den Motor. Die Batterien mussten geladen werden und ich wollte die Heizung starten, um die Kleidung und das Schiffinnere trocken zu bekommen. Die viele Gischt fand irgendwann den Weg ins Innere und die kalten Temperaturen sorgen zusätzlich für Kondenswasser.
Ich haute mich in die Koje und hörte mir einen Filmmitschnitt von Bruno Ganz an, den ich sehr mag und der in mir viele Erinnerungen aus Zeiten in Asien weckte.
Der Barograph stieg und das Hochdruckgebiet kündigte sich an. Der erhoffte Südwind war ein Südwest, also weiter hoch am Wind, aber das kennen wir ja auch nicht anders. 6 Knoten Fahrt machten wir dennoch immer locker und die stabile Seitenlage ist mir eh angenehmer als die Schaukelei von achtern.
Ich bin immer noch alleine hier draußen, aber keinesfalls einsam. Ich genieße die Zeit und bekomme ausreichend schlaf. Ich brauche mich nur um das Schiff und mich zu kümmern, keine Wacheinteilung regelt den Tag und die Nacht, wenn ich müde bin schlafe ich und wenn ich Hunger habe koche ich. Nun kann ich auch verstehen warum das Buch von Uwe Rötgering „ Die See gehört mir“heißt.
Eisvögel begleiten mich ständig und sind meine stummen Zuschauer. Sie gleiten majestätisch durch die Luft und spielen mit den Wellen. In den Kurven liegen sie wie ein Eisschnellläufer, die Flügelspitze berührt die Wasseroberfläche.
Regelmäßig schalte ich den Plotter ein und sehe plötzlich ein Schiff in weiter Entfernung. Ein Frachter anscheinend auf dem Weg nach Grönland, vielleicht auch Spitzbergen. Kaum ist er nicht mehr Sichtbar auf dem Bildschirm bin ich auch wieder alleine unterwegs.
Nebel packt uns immer wieder innerhalb kürzester Zeit wie in Watte ein und das bei 5-6 bft. Wie ein Geisterschiff brausen wir dadurch und was vor Jahren noch jeden beängstigte hat heute sein Grauen durch die Elektronik verloren. Vorbei sind die Zeiten wo man ständig Schallsignale gegeben hat und die Augen bis über die Schmerzgrenze angestrengt waren.
Am 5. Tag meinte ich schon schemenhaft Land zu enddecken. Ich kochte mir aber erst einmal Reis und gefüllte Paprika, ganz nach unserem Motto „ Schlecht Leben kann man woanders“, als ich kurze Zeit später dann mit Sicherheit rufen konnte „Land in Sicht“, dabei überschritt ich auch den Nordpolarkreis mit einer Breite von 66 Grad und 40 Minuten.