Eigentlich bin ich jetzt dort wo ich gar nicht hin wollte, nämlich in der Karibik. Meine Reise sollte ja ums Kap Hoorn gehen und dann in den Pazifik. Patagonien und die Südsee waren das Ziel meiner Träume. Gut, Patagonien habe ich auf der Outer Rim bereist, eine tolle Erfahrung mit 4 Kindern, davon werde ich später mal berichten. Doch warum bin ich dann in der Karibik gelandet, wenn es doch von Angra dos Reis in Brasilien, wo die Tara lag, näher über Patagonien nach Tahiti war als über den Umweg Karibik? Die Gründe sind vielfältig, zum einen hätte ich noch ein Jahr länger in Brasilien bleiben müssen, da die Saison in Patagonien nur 4 Monate dauert, zum anderen war ich schon zwei mal in Patagonien und plötzlich reizte Kuba. Es hieß, dass man dort sein sollte bevor die Amerikaner direkt nach Kuba fliegen konnten.
Auch diesen Zeitplan, es dieses Jahr zu machen, habe ich nun über Bord geworfen. Ich brauche etwas Ruhe und bin ja auch nicht gehetzt. Zu dem wäre es schade die „Inseln unter dem Wind“ im Schnelldurchgang zu bereisen.
Ich wollte nicht in die Karibik, weil ich wusste, dass sie überfüllt und teuer ist, dass sie kriminell und unfreundlich sein soll. Und siehe da, viele sind tatsächlich enttäuscht und fluchen über die Karibik. Sie sind mit einer anderen Erwartungshaltung hierher gekommen und werden nun mit der Realität konfrontiert. Keiner wartet hier auf einem, alle gehen in der Masse unter, die Preise sind bis viermal so hoch wie bei uns und alles ist reglementiert. Willkommen in der Moderne! Wer hier die Einheimischen im Bassröckchen mit Blumen in den Haaren erwartet hat sollte weiter alte Bücher lesen.
Doch wie ist es wirklich hier? Ich würde mal sagen, ganz normal. Die Einheimischen waren bisher alle sehr freundlich, auch Zoll und Immigration machen hier ihre Arbeit und sind dabei noch sehr geduldig und entspannt mit den Seglern, die immer wieder Fehler in den Einklarierungsbögen machen. Die Preise sind heftig, für Charterboote erträglicher als für Langfahrtsegler. Die Mooringbojen kosten bis zu 20 Dollar am Tag und eine 5-Liter Wasserflasche bis 5 Dollar.
Und wie ist es mit den Vorurteilen? Nehmen wir als Beispiel Saint Vincent. Alle hatten gewarnt dorthin zu segeln, dazu gibt das Auswärtige Amt Warnungen heraus und auch der Revierführer ( 10 Jahre alt) äußert bedenken. Die Einheimischen gelten als Rassistisch und lehnen die Touristen ab, dazu gibt es nächtliche Überfälle auf Yachten und dann wurde auch noch im letzten Jahr ein Deutscher in der Wallilabou Bay ermordet. Und genau dort hatten wir geankert. Dort wo der Film „Fluch der Karibik“ gedreht wurde. Was war im März letzten Jahres passiert? Aus meinen Recherchen las ich, dass es sich um eine tragische Verwechslung gehandelt haben soll. Ein einheimischer gehörnter Ehemann ging nachts versehentlich auf die falsche Yacht und hat dann den deutschen Skipper erschossen, der auch eine Waffe in der Hand gehabt haben soll. Dies ist natürlich sehr tragisch, doch eher eine Beziehungstat als ein willkürlicher Überfall.
Was wir aus der Wallilabou Bay mitnehmen ist eher positiv. Die Bootboys wollen natürlich helfen und auch dafür entlohnt werden und das ist auch okay, dabei waren sie freundlich und haben auch ein „nein“ akzeptiert. Im Dorf waren die Leute sehr nett, der Rasta der Bananen für wenig Geld verkaufte ließ sich gerne Fotografieren, genauso wie der Krämer in seinem Laden, wo wir dann auch Rum kauften.
Und dann war da noch die Sachen mit Gabi. Gabi hat auf dem Berg ihr Handy auf einer Mauer liegen lassen und dies erst entdeckt, als wir wieder in der Wallilabou Bay waren. Sie ging mit Anja zurück und fragten beim Krämer nach und auch an dem Obststand. Ein Junge bot seine Hilfe an und ging mit den Mädels. Dabei rief er von seinem Handy Gabis Nummer an und siehe da – eine Frau ging ans Telefon und sagte, das sie das Handy gefunden hat und sie könnten es bei ihr abholen, was sie dann auch taten. Alle Ehren wert dieses verhalten und auch wieder ein Beispiel dafür das man nicht alle über einen Kamm scheren sollte. Ich sprach noch mit einem Taxifahrer und auch er meinte, dass es sehr sicher bei ihnen sei und das die tragische Ermordung des Deutschen viele Fragen aufgeworfen hat und den Einheimischen viele Vorurteile eingebracht habe.