Tara allein zuhaus!

Nun sitzt sie da, alleine in ihrer Ecke und beschützt das Schiff, während sich der Alte auf dem Weg nach Deutschland gemacht hat. Es war schon nicht einfach, mal eben weg zu fahren. Weg vom neuen Zuhause, dem Schiff und dem Meer, weg von der sonnengefluteten Algarve, den weißen Stränden und den neuen Freunden.

Eine Überraschung gab es noch am Flughafen von Faro, wo ich Rainer wiedertraf, den ich 6 Jahre zuvor kennenlernte, als ich meine Tara in Ayamonte kaufte. Er lebt an der Algarve und war auf dem Weg nach Köln, um seinen Vater ab zu holen. Die Welt ist eben doch ein Dorf, wo man sich immer mal wieder trifft.

Düsseldorf empfing mich mit Nebel und die leichte Kleidung war bei einem Grad nicht ausreichend und musste schnell getauscht werden. Birgit holte mich ab und es ging in ihre Wohnung auf dem Bauernhof.

Umgeben von der Natur und den Tieren konnte ich mich erst einmal akklimatisieren. Der Stress wird noch früh genug kommen und ruhige Gespräche und Spaziergänge waren wichtiger. Wochenende halt! Morgen ist Montag und dann geht es nach Duisburg und die ersten Termine, die schon von Lagos aus gemacht waren müssen wahrgenommen werden. Ich bin gespannt wie die nächsten Wochen verlaufen, doch noch mehr wann ich die Heimreise antreten kann.

Heimaturlaub!!! – Heimaturlaub???

Das Wetter hier an der Algarve lässt nichts zu wünschen über. 10 Stunden Sonne am strahlend blauen Himmel, weiche Luftbewegungen, kaum wahrnehmbarer Straßenverkehr, und für die Bewegungshungrigen Schwimmbad mit Muckiebude, langer, weißer Strand, Golfplätze und weitere Wohlfühlmöglichkeiten. Eigentlich muss man hier nicht weg.

Und was macht man um das weiter genießen zu können? Man bucht sich einen Flug in die Heimat. 1 bis 8 Grad, aber auch etwas Sonne ist angesagt. Trösten kann ich mich vielleicht damit das Island an manchen Tagen im Sommer nicht viel wärmer war.

Ich habe viel in Deutschland zu tun. Die angenehmen Teile sind die Freundin und den Bruder mal wieder in die Arme nehmen und die Freunde besuchen. Aber auch mal wieder ins Kino gehen und ja – man höre und staune, auch die bunten Lichter auf dem Weihnachtsmarkt genießen.

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Nach Möglichkeit will ich noch versuchen das ein oder andere für meine lieben Kunden zu arbeiten. Die Arbeit als Fliesenlegermeister war das was in der Regel immer Spaß gemacht hat. Das Logistische darum das weniger angenehme. Auch sehr nett ist immer der Besuch bei meiner Steuerberaterin, das Geschäftliche ist da das notwendige Übel und bedarf auch einiges an Vorarbeit. Fürs Schiff muss ich Ersatzteile besorgen und hierher schicken, da hier Ersatzteile sehr teuer sind. Die Garage muss ausgeräumt werden und die schönen Möbel müssen wohl oder übel weg, da ich die laufenden Kosten weg bekommen muss. Dazu gehört auch das Auto verkaufen und so weiter. Wie heißt ein denkwürdiger Spruch? Loslassen ist leichter als festhalten!

Ja und dann? Dann geht es irgendwann wieder zur Tara, wo auch die Vorbereitung auf die nächsten Segelabenteuer damit beginnen am Schiff zu arbeiten. Im nächsten Jahr geht es über Afrika nach Südamerika, doch das ist wieder eine andere Geschichte.

Verdammt – es juckt schon wieder!!!

Jetzt bin ich fast eine Woche in Lagos und genieße das Leben im Hafen und auch all die vielen Möglichkeiten die sich daraus ergeben. Ein Hafen bietet relative Sicherheit, man kann viele Kontakte bekommen, Menschen aus vielen Ländern kennenlernen, neue Informationen erhalten, neue Ideen entwickeln, das Schiff ständig verlassen, die Annehmlichkeiten wie Sanitärräume, Waschmaschinen, Wasser, Strom und Internet genießen, einkaufen gehen, Kneipen und Restaurants besuchen, Sporttreiben – und was passiert dann? Man geht einmal zum Strand, eine angenehme Brise weht ablandig aufs Meer hinaus, was ruhig von smaragdgrün bis tiefseeblau vor einem liegt, man holt tief Luft, verspürt den Geruch des Salzes in den Nasenwindungen, ein Segelboot gleitet ruhig am Horizont neuen Zielen entgegen, plötzlich etwas unangenehmes, schwindel und Übelkeit machen sich breit, die Knie fangen an zu zittern und das jucken in den schotengeschundenen Händen geht los.

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Landkrankheit ist die eigene Diagnose, die sich keinem Arzt ohne ausreichende Segelerfahrung erschließt und auch in keinem Buch vermerkt ist. Da hilft keine Chemie, nur die eigene Naturheilkunde, die besagt, fahre raus auf See, verlasse den festen Untergrund, die Enge, richte den Blick auf dem Horizont, schreie die Freude beim gleiten durchs Wasser aus den Lungen, pumpe sie mit salzgeschwängerte Luft auf, halte kurz inne und blähe dann damit die Segel auf, damit du schneller außer Sichtweite gerätst. Flöte leise in hohen Tönen, pfeifen lockt den Wind und sollte vermieden werden, klopfe sanft am Rumpf und sie werden kommen – deine Freunde die Delfine und die Seevögel!

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Atme die Freiheit des Meeres und es wird verschwinden, das Jucken und die Landkrankheit!

Angekommen!!!

Es hat lange gedauert, ich bin im 6. Monat. Nein, nicht schwanger, sondern auf meiner Reise. Vor 3 Tagen bin ich in Lagos an der Algarve angekommen. Über Ankerplätze in Sines (Geburtsort von Vasco da Gama) und Baleeira, wo auch Kolumbus geankert haben soll, ging es ins schöne Lagos, wo die Tara überwinter bleiben soll. 4278 Seemeilen (7922 km) liegen im Kielwasser der Tara. Die letzten 350 Meilen waren eine Geduldsprobe. Das schlechte Wetter im Norden Spaniens musste lange ausgesessen werden. Gegen Wind und Welle muss man nicht tagelang beim Küstensegeln gegen an bolzen. Auf dem Weg von Norwegen nach Island und auch von Island nach Nordirland, wo man eine Woche auf hoher See ist muss man das Wetter nehmen wie es kommt. An der Küste erfordert es Geduld. Durch das ständige Unterwegssein, war dies selten meine Stärke, doch mittlerweile genieße ich den Müßiggang und die Tage plätschern so dahin.

Tara braucht nun etwas pflege. Einige Teakleisten sind in den stürmischen Häfen kaputt gegangen. Die Elektronik muss nachgesehen werden und Großsegel und Genua müssen zum Segelmacher. Auch will ich einige Stellen im Inneren neu lackieren. Wie lautet noch mal ein Seglerspruch? Weltumseglung heißt sein Schiff an den schönsten Orten der Welt reparieren zu müssen! Fälschlicherweise meinte mein Freund Christian noch bei meiner Abreise: Jetzt kannst du jeden Morgen das Luk aufreißen und herausschreien:“Feierabend!“ Ein Spaßvogel!!!

Die Wunschliste an neuer Ausrüstung ist überschaubar, doch dafür nicht billig zu haben. Eine elektrische Ankerwinch wäre schön und diente vor allem auch der Sicherheit. Wenn man alleine segelt und man seinen vorher noch sicher geglaubten Ankerplatz mal schnell verlassen muss wäre so etwas sehr hilfreich, da man es auch vom Ruder aus bedienen kann.

Ein Schleppgenerator zum laden der Batterien auf langen Seestrecken würde die Stromfresser wie Kühlschrank, Computer und Radar ausreichend im Schacht halten und sie füttern. 

Ansonsten bin ich sehr zufrieden mit meiner Wunscherfüllenden und Schützerin des Lebens (TARA). In den letzten 5 Jahren habe ich über 10000 Meilen mit ihr zurückgelegt und sie hat mir all meine Schwächen verziehen und mich immer sicher ans Ziel gebracht.

High Speed gen Süden!

Das Wetter hat sich endlich etwas beruhigt, die Welle hat gedreht und abgenommen, von vormals gut 7 m auf 5 bis 6 m. Das wichtigste war aber die Drehung in den nördlichen Sektor, so dass die Hafeneinfahrt nicht mehr durch die Brecher bombardiert wurde und so war dann auch die Hafenbehörde zu der Einsicht gekommen, dass es nun ungefährlich sei den Hafen zu verlassen oder zu entern.

Morgens um 7 war sie noch gesperrt, doch nachdem gegen 9 Uhr der schwarze Zylinder nicht mehr am Tower hing wurde das Schiff aufgeklart und die Festmacher wurden gelöst. Povao ist netter als die Hafenhandbücher es beschreiben, doch der Hafen ist bei Welle eine Katastrophe.

Riet und Roland mit ihrer Lios Alvar verließen mit mir den Hafen. In der Einfahrt stand noch der Schwell und nach Murphys Law kam natürlich auch eine besonders hohe Welle an der Mauerkante entlang gelaufen und zeigte mir gleich im Schiffinneren wo ich Dinge nicht ordentlich verstaut hatte. Draußen auf See gingen die Segel direkt hoch und der Motor aus. 178 Seemeilen lagen vor uns und ich rechnete mit 34 Stunden Segelzeit. In der hohen Dünnung gerieten die Segel regelmäßig in Abdeckung und fingen an zu schlagen und die Lios verschwand regelmäßig hinter den Wellenbergen. Das war nicht schön, aber alleine die Tatsache, dass Tara wieder auf See war zählte. Mit der Zeit nahm der Wind weiter zu. Er kam achterlich und ich beginn, der Geschwindigkeit zuliebe vor dem Wind zu kreuzen.

Gegen Abend drehte der Wind noch weiter auf Nord und ich nahm das Großsegel weg und ließ Tara nur unter der Genua platt vor dem Laken laufen. Anfänglich lief es noch mit 5 bis 6  Knoten unerwartet schnell, doch in der Nacht ging die Fahrt durchs Wasser auf 4 bis 5 Knoten zurück, was mir aber auch recht war, denn so konnte ich meinen 20-minütigen Schlafrhythmus einhalten.

Das auf die Technik nicht immer verlas ist musste ich in dieser Nacht wieder feststellen, als Fischer um mich herum auftauchten, die kein AIS (Automatisches Identifizierungsystem) aussendeten und ich sie auch mit meinem Radar nicht erfassen konnte.

Am Morgen setzte ich dann den Genaker, eine buntes Segel was dem Spinnaker ähnelt. Mit 6 bis 7,5 Knoten Fahrt ging es weiter. 10 Meilen vor dem Ziel nahm ich dann den Genaker weg und setzte die anderen Segel und erreichte am Abend mit Vollspeed den Hafen von Cascais.