Beschwipst…

Wir haben unseren schönen Ankerplatz an der haugesundsten Museeumsinsel verlassen, die zur Erinnerung der Blütezeit der  Heringsschwärme erbaut worden ist. Lange ist das her und nun regiert die Schiffsbauzeit die Stadt.

Wir machen in Haugesund einen Zwischenstopp, gehen einkaufen und füllen unseren Wasserbestand auf. Als wir an Bord Kaffee trinken spricht uns ein älterer Herr auf Deutsch an. Er sei Halbdeutsch, da seine Mutter aus Hamburg war. Plötzlich piepst sein Handy, er entschuldigt sich und läuft zu einer Bank um die SMS zu lesen. Vielleicht soll er seine Pillen nehmen oder die Eier vom Kaufmann reklamieren.

Kaum hatten wir das geschützte Wasser von Haugesund verlassen schaukelten wir in einer alten Dünnung unter Vollzeug über das offene Wasser der Nordsee. Schwerwettersegeln bei flauem Wind mit schlagenden Segeln. Birgit steuert hervorragend konzentriert. Das Mittel für den Zweck, bloß nicht seekrank werden ist die Devise und nicht Fische füttern. 

Unser Ziel ist nicht weit, doch die Zeit bis dorthin lang bei unserer Geschwindigkeit. Doch Zeit haben wir genügend und die Nächte sind sehr kurz. Gegen Abend erreichen wir Buavägen, eine geschützte Ankerbucht im Bomlafjord. Die Rotzen (Felsen) mahnen zu  Vorsicht und langsam manövrieren wir uns hinein in die Idylle. Umgeben von bewaldeten Felsen in der eigenen Bucht fällt der Anker in 10 m Tiefe auf harten Granit. Die Ankerkette schlurft über den Grund und verursacht ungewollte Nebengeräusche im Schiff.

Wir genießen die Umgebung und erlauben uns das erste Anlegerbier seit Beginn unserer Reise, was uns auch gleich in den Kopf steigt und so wird es ein günstig beschwipster Abend.

Die Kanzel!!!

Stavanger war wieder eine Reise wert, die nette Altstadt mit der Hafenatmosphäre und den großen Kreuzfahrtschiffe wie Queen Victoria oder der Aida-Flotte luden zum Flanieren ein. Vor Birgit war natürlich wieder kein Laden mit Elchartikeln sicher, doch der richtige für ihre Sammlung war noch nicht dabei.

Morgens um 6 ging es los um die 11 Meilen nach Jorpeland zu segeln. Der Wind war uns treu und ließ uns durch die Steine segeln, (holl. Rotzen).

Am Ziel angekommen liefen wir den erstbesten Hafen an, denn wir hatten Eile. Ich fragte zwei Männer wo denn der Hafenmeister sei. Der eine zeigte auf den Anderen und der schien nicht zu wissen das er soeben zu diesem ernannt worden ist, doch schnell gewöhnte er sich an diese Aufgabe und meinte das wir noch ein Stück weiter segeln müßten, denn dort gibt es einen Hafen mit Gastliegeplätze. Vielleicht lag es an meinem Blick, doch plötzlich besann er sich seiner Autorität und entschied, dass wir ruhig dort liegen bleiben könnten wenn wir ohne Wasser und Strom auskämen.

Birgit und ich machten uns schnell fertig und erreichten wie immer just in time den Bus Richtung Prekestolen, den bekanntesten Felsen Norwegens in 650 Meter Höhe.

Vom Parkplatz aus ging es 2 Stunden lang bergauf und manchmal auch bergab, wo die hart erkämpften Höhenmeter wieder verschenkt wurden. Gefühlt haben wir die 350 Höhenmeter vom Parkplatz zweimal gelaufen, bis wir bei 10 Grad nassgeschwitzt die Kanzel oder den Pulpit Rock erreichten. Bei einer steifen Brise wurde erst einmal alles angezogen was es zum anziehen gab. Ein internationales Sprachengewirr umgab uns und jeder wollte ein Foto haben als ob er kurz vor dem Absprung wäre. Es ist schon eine atemraubende Sache in 650 m Höhe die Beine über den Abgrund baumeln zu lassen. Man wartet immer auf den plötzlichen steifen Rückenwind und fragt sich ob man die Prämie der Lebensversicherung vielleicht hätte höher abschließen sollen.2013-06-12 001 127 (1024x684)

Auf dem Rückweg fing es an zu regnen, wie es vorhergesagt wurde und so verzogen wir uns aufs Schiff, schalteten alle Lampen an und genossen die Behaglichkeit unserer mit Teakholz eingerichteten Kajüte.

Stavanger – die Ölstadt Norwegens?

Nimmt’s mit norwegischer Gelassenheit

Wir sind wieder in Stavanger gelandet. Und dieses Mal habe ich nicht nur genügend Olivenöl an Bord, sondern auch in ausreichenden Mengen leckeres SAE 15-40 für meinen Motor, denn nach meinen Erfahrung gibt es sowas nicht in der Ölstadt Stavanger. Als ich vor 2 Jahren hier war mußte ich das lernen und das kam so, ich erlaufe mir am liebsten eine Stadt um sie kennenzulernen und das geht am besten wenn man auf die Suche nach  irgendwas ist. Und was soll man in einer Ölstadt wie Stavanger suchen? Man geht auf die Suche nach einem Liter Öl und wie sonst soll man darauf reagieren, außer mit norwegischer Gelassenheit,  wenn man in einer Stadt wie Stavanger, die Ölindustriestadt Norwegens nur Achselzucken bekommt wenn man nach Öl fürs Schiff fragt. Ich brauchte nur ein Liter SAE 15-40 und lief Meilenweit bis zu einer Tankstelle die nur 2 Sorten Öl  hatten, aber nicht die die  ich brauchte und Sie hatten auch keine Antwort parat wo ich welches finde. Eine Werkstatt hatte auch nur SAE 5 – 15, also auch keinen Erfolg. Bei einem Schiffausrüster fragte ich nach und man riet mir bei Clas Ohlsen im Medizentum nachzuschauen. Da ich ja dickfällig bin machte ich auch dies und landete in einen Media-Markt mit Ausrüstercharakter. Und siehe da, der hatte auch Öl, allerdings nur für 2-Taktmotoren. Und da mich dann das Jagdfieber gepackt hatte und ich ja auch zum Scherzen aufgelegt bin, ging ich ins Ölmuseum und fragte an der Kasse ob sie wüssten, ob es nicht vielleicht in der Souvenirabteilung des Museums süße, kleine SAE 15 – 40 Mitbringselfläschen geben würde die ich gerne käuflich für mein Schiff erwerben würde. Ich hatte die Lacher auf meine Seite – aber immer noch kein Öl.  Nach dieser Erfahrung stelle ich die Behauptung auf, dass jede deutsche Pommesbude mehr verschiedene Ölsorten hat als Stavanger!!!

Mist!!!

Egersund war gut zu uns. Die Sonne schien fast 15 Stunden am Tag und falls man nicht im durch das kalte Wasser herunter gekühlten Wind saß brachte sie es auf gefühlte 20 bis 25 Grad. Unsere netten holländischen Nachbarn luden uns zum Kaffee ein, wir brachten den Kuchen mit und abends aßen wir gemeinsam bei uns an Bord Lachs, Shrimps und Brot, dazu gab es einen guten spanischen Wein. So ließ es sich Leben, ganz nach unserem Motto „Schlecht Leben kann man woanders!“

Doch auch hier ist man nicht ganz frei von Terminen. Birgit muß bald wieder nach Hause zurück und arbeiten. Der Wind hatte sich beruhigt und so motorten wir durch den mit Steinen und Verwinkelungen gespickten nordisch anmutenden Fjord von Egersund und Eigeroy bis wir das offene Meer erreicht hatten. Wir waren noch nicht lange unterwegs als eine Kaltfront von hinten kam und dichten Nebel mit sich brachte. Mist auf Holländisch eben und auch für uns nicht angenehm. Die Sichtweite lag unter 50 m, doch die Technik hilft und verleiht den Durchblick. Durch das automatische Identifizierungssystem (AIS) sehen wir die meisten Schiffe deutlich mit Position, Geschwindigkeit und Rufzeichen auf unserem Plotterbildschirm und das eingeschaltete Radar macht die restlichen Schiffe sichtbar, so auch unsere holländischen Freunde mit denen wir auch regelmäßig über Funk Kontakt hatten.  

Nach 5 Stunden verzog sich der Nebel so schnell wie er gekommen und auch unsere Freunde tauchten wieder hinter uns auf. Unsere Wege trennten sich um ein gemeinsames Ziel anzusteuern. Während ich mich für den kürzeren unbetonnten Weg entschied fuhr Andre einen weiten Umweg. Auf der kleinen Insel Rott machten sie an uns fest.

Wir haben nur 3 Inselbewohner getroffen und mehr schien es auch nicht zu geben. Einer schenkte uns frischen Rhabarber und wies einen anderen an uns Fische mitzubringen falls er welche fängt.  Super nett und hilfsbereit und so genossen wir den Sonnenuntergang auf den Klippen von Rott.

Abgefahren!!!

Die Leinen sind los – das ist das wichtigste an einer langen Reise und wir sind schon fast auf 1000 km Distanz zu Duisburg gegangen. Das Ende war verdammt anstrengend und manchmal glaubte man dem Herztod nahe zu sein, so groß war der eigene Druck sich an seinen Abfahrtstermin zu halten. Doch was sollte man auch machen. Die geladenen Freunde waren bestellt, die Firma ruhte, die Wohnung vermietet, alle Versicherungen gekündigt, die Telefone still gelegt, das ganze Aufgebaute lag brach.

Der Anfang war dann genauso anstrengend. Gegenwind nach Norwegen, genau aus Nord, unserer Richtung. 4-5 Windstärken, dann 6-7. Tonnenweise übergoss sich das Wasser über die tiefer gelegte Tara und fand seinen Weg in die Vorschiffkojen. Das war Neuland, doch wir mussten diese Baustelle erst einmal ignorieren.

Die Crew war seekrank und opferte ihren Mageninhalt Neptun. Auch ihm schien es nicht zu schmecken, die Winddrehung blieb aus und die See ruppig. Die Ozeandampfer kreuzten unseren Weg und die Ölplattformen wichen uns nicht aus, riesige Windparkanlagen, die in meinen Seekarten von anodazumal noch keine Erwähnung fanden sorgte in ihren Ausmaßen für Überraschungen und zusätzliche neu eingerichtete militärische Sperrgebiete raubten den Schlaf.

30 Meilen vor dem ersehnten Land hatte der Gott der Winde Odin ein einsehen, er beruhigte sich und das Meer und war sicher zu der Einsicht gekommen, dass wir so nicht von unserem Vorhaben abzuhalten sind Norwegen zu erreichen.

Für die Ansteuerung von Egersund in der Nacht war das eine nette Geste. Birgit übernahm das Ruder und stand unter Hochspannung. Zuviel Neuland, zu viele Steine im Weg. Sicher erreichten wir um 4 Uhr morgens den geschützten Hafen. 91 Stunden für 457 Meilen gegen an ist nicht schlecht und wenn das der Streß zu Anfang unserer Reise war und es von nun an ruhiger wird ist das für uns  Abgefahren!!!

Start der Weltumseglung

Liebe Freunde, am 1.6.2013 startet die Tara zu ihrer Weltumseglung mit einem großen Europatörn. Startpunkt ist Lemmer in Holland mit Ziel Spanien.

Und da so ein Törn bereits mit dem Leinen – los – Kommando  beginnt und nicht erst wenn man irgendwo die warme Sonne erreicht hat, soll es zuerst wieder nach Norwegen gehen. Die Berge und die Fjorde haben es mir seit Kap Hoorn und Feuerland angetan.

Von den Lofoten geht es dann, wenn der Wind uns gnädig ist zum nördlichsten Vulkan Europas, nach Jan Mayen. Sollte das Wetter zu rau sein und wenn ein sicheres ankern unmöglich ist geht es direkt nach Island. Knapp 1000 Meilen bei frischen sommerlichen Temperaturen von 5 – 15 Grad. Dafür warten dann die heißen Geysire und die Naturbäder auf uns. Der Norden von Island wird gerundet und dann geht es nach Reykjavik.

Bis zu den Hebriden sind es dann noch einmal 550 Meilen. Die Hebriden gehören auch nicht zu den einfachen Segelrevieren. Viel Wind und starke Strömungen verlangen eine gute Navigation. In Belfast und Dublin wird getestet wer das beste Guinness zapft. Danach geht es über die Biskaya nach Spanien und Portugal. Die erste abwechslungsreiche Etappe ist eine Material- und Menschprobe, 5000 Meilen lang, 5 Monate Zeit.

Der Skipper

Der Skipper

Uwe Schorn, Jahrgang 1963, wuchs als Sportler mit einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen und Neugier in Duisburg auf und entdeckte früh das Reisen für sich. Nach einer Lehre als Fliesenleger reiste er mit 19 Jahren alleine 4 Monate nach Indien, Nepal und Sri Lanka. Viele weitere Reise folgten, die längste dauerte über 2 Jahre und führte unter anderem 20000 km alleine durch China und Tibet. 4 Jahre hatte er seinen Lebensmittelpunkt auf den Philippinen, wo er als Fischermann lebte und seine Hühner die Eier lieferten.
Nach seiner Rückkehr 1992 machte er als Autodidakt den Segelschein C für Hochsee und segelte als Crew von Antigua nach Spanien über den Atlantik. Auf Einladung von Heide und Erich Wilts segelte er mit Ihnen in die Antarktis und um Kap Hoorn. Danach folgten Überführungstörns als Skipper, dabei ging es 3 Mal über die Biscaya.
2008 kaufte er sein persönliches Traumschiff an der Algarve, eine Rival 38. Nach der Überführung folgten mehrere Reisen, unter anderem nach Norwegen.
Heute lebt er als Selbständiger Fliesenlegermeister in Duisburg und bereitet seine Tara auf ein Leben an Bord vor.