Früh am Morgen, kurz nach Sonnenaufgang verließ ich den Hafen in Essaouira. Das Wetter war nicht gut vorhergesagt. Seit Tagen war es schon am Blasen. Essaouira ist die Stadt des Windes und macht diesem bei Skythern und Surfern berühmten Ort alle Ehre.
Den Papierkram hatte ich schon einen Tag vorher erledigt. Bei der Küstenwache wurde mir schnell eine gute Reise gewünscht, da man lieber lauthals miteinander diskutierte. Die Polizei stellte den Ausreisestempel einen Tag vor, damit ich selber frei entscheiden konnte wann ich auslaufen wollte und der Hafenmeister, der extra für mich an seinem freien Tag ins Büro kam erließ mir die Hafengebühr für die letzte Nacht (25 Euro) und überreichte mir noch eine Kappe und ein T-Shirt als Abschiedsgeschenk.
Das Meer empfing uns mit einer steifen Brise und ordentlichem Wellengang. Dies ist Spielwetter für die Tara und die Aries-Windsteueranlage steuert sie dabei so perfekt, dass es ein Genuss ist ihr dabei zuzuschauen. Der Seegang hatte sich bei 25 bis 35 Knoten Wind seit Tagen aufgebaut. Vor der Küste kam mir noch ein großer Fischer entgegen, dann war ich alleine in der Weite des Meeres. Bei anfänglich halbem Wind segelten wir nur mit der stark gerefften Genua mit 6,5 Knoten. Das war viel zu schnell, da ich nicht nachts in die Meerenge zwischen Lanzarote und La Graciosa einlaufen wollte. Ich musste die Fahrt reduzieren, doch Tara schien das nicht zu gefallen. Selbst als nur noch 4 Quadratmeter Genua sie vorantrieben segelte sie fast 6 Knoten im Schnitt. Der Wind spielte auch gegen meine Zeitplanung und blies zeitweise mit 40 Knoten. 35 Knoten waren angesagt, doch die hatte ich auf beiden unabhängigen Windmessern, dazu kam dann noch die eigene Geschwindigkeit von 5 bis 6 Knoten Fahrt bei Raumschotskurs.
Es ist schon ein Witz, dass man auf einer Strecke von 240 Meilen so passiv segeln musste, das es bei dem Seegang von 2,5 bis 4 Metern schon fast wieder unangenehm von den Schiffsbewegungen wurde. Ich überlegte, ob ich vielleicht 30 Meilen vor der Küste von Lanzarote beidrehen sollte, doch in den Nächten schaffte ich es die Fahrt auf 4 Knoten zu reduzieren. Ich hielt mein Schlafrhythmus von 20 bis 30 Minuten ein und hielt mit Hilfe von Radar und AIS (Automatisches Identifizierungssystem) Ausschau nach anderen Schiffen.
Vor der 2. Nacht überraschte mich ein Funkspruch eines anderen deutschen Seglers. Sie segelten 3 Meilen nördlich von mir, hatten aber kein AIS eingeschaltet. Sauhund dachte ich, dass es so was heute noch gibt (AIS ist unteranderem keine Vorschrift für Sportschiffer und Fischer). Das heißt, schlaftrunkenes Auge sei weiter wachsam.
Gegen 9 Uhr des 3. Tages und nach 250 gesegelten Meilen liefen wir dann in die Meerenge von La Graciosa ein und steuerten direkt den Hafen La Sociedad an.